N. Clerc: August von Bonstetten 1796–1879

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Titel
August von Bonstetten 1796–1879. Aus dem Alltag eines Schweizer Malers. Mit einem Essay von Valentina Anker


Autor(en)
Clerc, Nicole
Erschienen
Bern 2001: Benteli Verlag
Anzahl Seiten
184 S.
Preis
€ 47,50
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Andreas Fankhauser

Der Maler August von Bonstetten (1796–1879) war in der Öffentlichkeit bislang wenig bekannt. Dies hängt damit zusammen, dass sich viele seiner Bilder noch immer im Besitz der Familie befinden und nicht zugänglich sind. Auch eine Publikation zu seinem Leben und Werk existierte bisher nicht. Das zweisprachige Buch von Nicole Clerc erschien aus Anlass der 2001 im Schloss Jegenstorf und in der Zweigstelle des Schweizerischen Landesmuseums im Schloss Prangins gezeigten ersten Einzelausstellung seit 1885. Die mehrheitlich farbigen Abbildungen des Katalogteils führen einem vor Augen, dass August von Bonstetten zu den talentiertesten patrizischen Amateurkünstlern des 19. Jahrhunderts gezählt werden darf. Als Angehöriger der bernischen Oberschicht schlug er zunächst eine militärische Laufbahn ein. Zwischen 1814 und 1829 hielt er sich in den Niederlanden auf, wo er im Schweizerregiment von Jenner bis zum Hauptmann aufstieg. 1826 gelangte er in den Grossen Rat des Kantons Bern. Von 1829 an lebte er auf dem Landgut Sinneringen bei Boll, das sein Vater erworben hatte. Eine Ehe ging er nie ein. 1832 nahm er an einem Komplott gegen die liberale Regierung teil, weshalb er zwischen November 1834 und Januar 1835 im Kerker des Aarbergertores inhaftiert war. Bonstettens Leidenschaft gehörte freilich nicht der Politik, sondern der Kunst. Schon als Solddienstoffizier nutzte er jede freie Minute des Garnisonlebens, um zu zeichnen und zu malen. Nachdem er seinen Abschied erhalten hatte, widmete sich der Gutsbesitzer ausschliesslich der Malerei und unternahm regelmässig Reisen in andere Landesgegenden oder ins Ausland, um dem Alltag in Sinneringen zu entfliehen. Seine geistige Heimat fand der Künstler in Italien, wo er sich gerne niedergelassen hätte. Zu Hause arbeitete er unermüdlich an seinen Bildern, kümmerte sich um die Verwaltung des Gutsbetriebs und empfing Besuche von Malerfreunden oder von Verwandten. So weilte 1822 Karl Viktor von Bonstetten (1745–1832) in Sinneringen.

Die Autorin stützt sich in ihrer Darstellung zur Hauptsache auf das Tagebuch, das ihr Vorfahre August von Bonstetten zwischen 1816 und 1878 führte. Die heute in der Burgerbibliothek Bern deponierten 11 Bände und 163 Hefte mit einem Gesamtumfang von gegen 6000 Seiten, die einen minutiösen Einblick in das Alltagsleben und das Selbstverständnis eines Berner Patriziers des 19. Jahrhunderts bieten, wären eine historisch-kritische Edition wert. Nicole Clerc hat sich leider mit Auszügen in französischer Übersetzung begnügt. Valentina Anker, eine Spezialistin für die schweizerische Malerei des 19. Jahrhunderts, beschäftigt sich in ihrem Essay mit der kunstgeschichtlichen Einordnung des malenden Amateurs. Bonstetten war einerseits von den Berner Kleinmeistern beeinflusst, andererseits näherte er sich den Genfer und Neuenburger romantischen Landschaftsmalern an. Seine Gemälde mit Motiven aus Sinneringen, den Schweizer Alpen oder der römischen Campagna, die durch die Liebe zum Detail auffallen, überarbeitete er ständig. Seinem Tagebuch vertraute er an: «Die Malerei ist eine ‹cujonada›, aber gerade diese Qual ist es, was an ihr Freude macht, denn sie ist ein Kampf. [...] Was ich heute mache, gefällt mir vielleicht morgen nicht» (S. 113). 1876 besuchte ihn Albert Anker (1831–1910), der sich lobend über seine Bilder äusserte. Verschiedene Unschönheiten im Text, die sich durch ein sorgfältigeres Lektorat hätten vermeiden lassen, deuten darauf hin, dass das Buch unter Zeitdruck entstanden ist. Angeführt seien nur die mehrmalige Verwechslung des 19. mit dem 20. Jahrhundert (S. 24, 59, 84) oder das Fehlen von Wörtern (S. 111: seine Freunde [versuchten] ihn davon abzubringen). Auch einige inhaltliche Schnitzer sind der Verfasserin unterlaufen. So war Karl Viktor von Bonstetten 1822 nicht «Oberamtmann von Nyon» (S. 53). Doch insgesamt handelt es sich um Kleinigkeiten, welche den positiven Eindruck, den man nach der Lektüre dieser Monografie hat, nicht zu trüben vermögen. Nicole Clerc ist dafür zu danken, dass sie es ermöglicht hat, das Werk eines zu Unrecht vergessenen Berner Künstlers kennen zu lernen.

Zitierweise:
Andreas Fankhauser: Rezension zu: Clerc, Nicole: August von Bonstetten 1796–1879. Aus dem Alltag eines Schweizer Malers. Mit einem Essay von Valentina Anker, Bern, Benteli, 2001, 184 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 4, Bern 2002, S. 205f.

Redaktion
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 4, Bern 2002, S. 205f.

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